24.02 – Unrechtsbewusstsein, was ist das?

Derzeit bin ich wieder einmal fasziniert vom mangelnden Unrechtsbewusstsein meiner Mitbürger, das mir in den letzten Tagen so besonders vor Augen geführt wurde und wird. Es geht um den sogenannten Vorturner der Nation.
Ich muss gestehen, ich kenn den Typen nicht, weil ich erstens sowieso keine große Fernseherin bin und wenn, dann ist mir der ORF auch nicht sehr nah.

 

seilturner

 

Aber ich musste erfahren, dass der gute Mann in eine der heute so wildwachsenden „Chataffären“ verwickelt ist.
Nun gut, das würde mich nicht weiter interessieren. Wenn einer mit Strache chattet, dann ist er für mich sowieso noch einmal doppelnull von Interesse.
Doch weil irgendwie anscheinend kein Weg daran vorbeiführte, habe ich Berichte gesehen, in denen von diesen Chats berichtet wurde, nämlich dass der Unsägliche als Deal für einen Posten angeboten hat, interne Informationen seines Dienstgebers, also des ORF, weiterzugeben.


Und nur darum gehts. Nicht, dass er mit dem damaligen Sportminister gechattet hat. Auch nicht, dass er ihn vielleicht um einen Schub für einen Posten angehaut hat. Ach Gott, wer würde seine Beziehungen nicht einsetzen, wenn er denn welche hätte. Fragen wird man doch noch dürfen! Doch er hat etwas Kriminelles dafür angeboten! Und das wird von seinen Fans einfach ausgeblendet.

Die Chats wurden öffentlich zitiert und ich muss also nicht davon ausgehen, dass die Grundlagen für meine Gedanken von Fakenachrichten gespeist werden.
Vor allem, weil es ja gar nicht darum geht, ob das so richtig dargestellt wird oder nicht.
Es geht darum, dass die Situation so im öffentlichen Raum steht und dennoch von den Leuten für mich unfassbar bewertet wird.


Denn nun muss ich das Unglaubliche miterleben.
Die Mehrheit der Leute, zumindest in den Sozialen Medien sehen den armen Philipp nun als Opfer! Versichern ihn ihrer Treue und belobigen ihn, was für ein toller Hecht er doch sei und was er nicht alles für die Nation gemacht hat. Für die Unbeweglichen und auch offensichtlich Starren dieser Nation.


Wie gesagt, der Typ ist mir egal. Der kann bei mir in der Allee hinter jedem Baum wie Rumpelstilzchen hin und her springen.
Was mir nicht egal ist, ist allerdings, dass die Leut einem Kriminellen zujubeln, ihn als Opfer bemitleiden und ihn sanktionieren wollen. Denn Werksspionage ist kein Kavaliersdelikt! Und wenn man zigmal spöttelnd davon ausgeht, dass beim ORF eh nix auszuspionieren ist (was wohl sicher gar nicht stimmt), so ist das doch einfach ein Lumpenzug!

Wenn ein Bäcker dem Konkurrenten seines Chefs die beste Brotmischung verrät, dann wird er wohl auch mindestens sofort gekündigt und vielleicht sogar angezeigt. Und niemand käme auf die Idee, dass der Arme ungerecht behandelt wurde, und dass er, da er ja jahrelang dieses supergute Brot gebacken hat, ja was Gutes für die Leut gemacht hat und deshalb auch sanktioniert gehört.


Das Tragische daran ist für mich, dass ich wieder einmal erkennen muss, in welcher Gesellschaft ich mich bewege, wieder erkennen muss, wie leicht sie doch manipulierbar ist und die Leut tatsächlich glauben, wenn viele Unrecht zu Recht machen wollen, dann wird es zu Recht.
Nur weil das Kerlchen ja so nett ist, wie der sprichwörtlich nette Nachbar. Der dann eben, wenn er den Schulterschluss mit der Gemeinschaft sucht, fünf auch mal gerade sein lässt, kriminelle Handlungen entkriminalisiert, und auch gern mal seine Mitmenschen über die Klinge springen lässt. Wir haben’s ja erlebt.

 

 

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